Berliner Gebrauchsanleitung zum Streik

Bei ihrem Vortrag auf Einladung von AUGE und Treffpunkt Pflege gab Kati Ziemer (verdi, Charite Berlin) einen bunten Einblick in das Zustandekommen des Streiks und seine hohe solidarische und kreative Qualität.

In der Kurzfassung vom Moderator des Abends, Johannes Reiter (work@social, Regonalausschuss OÖ) ist die Konsequenz aus den Erfahrungen in Berlin: Was den Streik ermöglicht und getragen hat, war, dass die Betroffenen aktiv geworden sind und als Streikende aktiv geblieben sind, anstatt zu den Gewerkschaftsstrukturen betteln zu gehen, damit diese an ihrer Stelle etwas tun.

Wichtigste Voraussetzung für den Streik in der Charité war für Kati Ziemer, dass es eine aktive Gewerkschaftsgruppe direkt in der Charité und den Tochtergesellschaften gegeben hat! Ein Jahr dauerte die Vorlaufzeit, mit zahlreichen Besuchen bei Betroffenen und eingehenden Einzelgesprächen über die erlebte Situation und positive Veränderungsperspektiven. (Der gewerkschaftliche Organisationsgrad betrug vorher 20, nachher 25 Prozent.)

Ziemer: „Man muss den KollegInnen klar machen, dass sie sich keinen Gefallen tun, wenn sie alles aushalten! – Und zugleich ganz konkret aufzeigen, was mit einem Arbeitskampf zu gewinnen wäre.“

Noch ein Schritt vorher in der Motivations- und Mobilisierungskette war die Auflage eines Schwarzbuches über die Zustände und politischen Hintergründe in den Tochterunternehmen der Charité.

In der Streikphase selbst wurde auf eine tägliche und gute Streikplanung geachtet:
Es gab jeden Tag einen Höhepunkt, das Hauptaugenmerk war, in die Öffentlichkeit und an die Bervölkerung heran zu kommen, um möglichst vielen Leuten direkt zu erklären „was-warum-wozu“.(Zentrale Instrumente: Großdemos und Aufsuchen von Politikern)

Es entstand eine starke, kreative und aktionistische Dynamik von den Streikenden selbst (Dauerbesetzung von Fahrstühlen, Blockade von Versorgungstunnels zu Betriebsbereichen, die sich nicht am Streik beteiligt haben, Blockade der Kantine durch Sit-in mit Selbst-Mitgebrachtem Essen …)

 

An drei Standorten waren abwechselnd über 3000 Beschäftigte jeweils für 24 Stunden im Streik. Bestreikte Stationen wurden mit einer gewissen Vorlaufzeit durch Verschiebung von Aufnahmeterminen und Verlegubng verbleibender PatientInnen auf andere Stationen geschlossen. Der OP-Betrieb wurde um 80 % zurück gefahren – es gab eine Notdienstvereinbarung, wo erfahrene OP-Schwestern als Clearingstelle für ärztlich eingereichte Operationsansuchen fungierten.

ÜBERLASTUNGSANZEIGE:

  • Kann von jedem/jeder MitabeiterIn individuell und subjektiv erstattet werden – geht an Stationsleitung, Personalleitung und an die Geschäftsführung.
  • Ein Grund dazu ist immer dann gegeben, wenn sich zeigt, dass die Arbeit mit den vorhandenen Ressourcen nicht ordnungsgemäß erledigt werden kann und die Gefahr besteht, dass es deshalb zu Fehlern kommt.
  • Beispiele: Es sind die vorgesehenen Pausen nicht mehr möglich — Es fallen zu viele Überstunden an — Es muss zu oft eingesprungen werden — Es sind zu wenige MitarbeiterInnen da (Krankenstände)
  • Geplant ist: Wenn sich Überlastungsanzeigen in einem Bereich häufen, kommt es zur Einrichtung von Gesundheitszirkeln (mit Betroffenen) um die Ursachen zu klären und Vorschläge zur Behebung auszuarbeiten.

(Foto Powerpoint-Präsentation Kati Ziemer)

Aktuelle Infos direkt bei ver.di