Leben ist mehr! Und Vorsicht bei Betriebsvereinbarungen.

Bericht von der BetriebsrätInnen-Konferenz der AUGE/UG

Der langjährige AUGE/UG-Aktivist und frühere Sekretär der Metaller-Gewerkschaft Heinzi Dürr hob auf der BetriebsrätInnen-Konferenz der AUGE/UG Oberösterreich die wichtige politische Bedeutung der Tätigkeit von BetriebsrätInnen hervor. 

Mitbestimmung im Betrieb als Keimzelle der Demokratie

Die Befehlsstrukturen, denen wir 40 Stunden pro Woche ausgesetzt sind, prägen für Heinzi Dürr unser Denken und Verhalten massiv. Je entmündigender die Verhältnisse in den Betrieben sind, umso enger werden die Perspektiven, worum es im Leben und Menschein eigentlich geht. Im schlimmsten Fall bleiben davon nur mehr Untertanenmentalität, Konsumfixierung sowie Vorurteile und Hass gegen alles, was „anders“ ist.

Menschen und Gehirne aktivieren

Deshalb ist es besonders wichtig, dass BetriebsrätInnen nicht FÜR IHRE KollegInnen tätig sind, sondern MIT IHNEN aktiv werden! Und dass sie unbeirrt dafür einstehen: Leben ist mehr als Einkommen und Konsum – und wir streben eine Gesellschaft an, in der kein Mensch über andere herrscht oder verfügt. Denn unsere Gesellschaft funktioniert mehr denn je über ökonomische Zwänge – die jedoch als „naturgegeben“ hingestellt werden. Das geht bis zur bewussten Verdrehung von sprachlichen und logischen Zusammenhängen: „Arbeitgeber“ sind in Wahrheit ja die Beschäftigten, die die Arbeit leisten … (auf das Arbeitsrecht kann man sich dabei nicht berufen, dort kommen die Begriffe Arbeitnehmer und Arbeitgeber nirgendwo vor).

Wer gibt, wer nimmt – und was?!

Damit, wie mit vielen anderen Maßnahmen, praktizieren die Unternehmer (leider sehr erfolgreich), eine Erziehung der Beschäftigten für ihre Interessen – wir, als BRs müssen versuchen, durch unser tagtägliches Tun umgekehrt die Unternehmer für unsere Interessen zu erziehen! Auf dem Weg zu unseren humanistischen gesellschaftlichen Zielen sollten wir uns aber ganz bewusst „als StaffelläuferInnen verstehen … um uns nicht zu frustrieren, wenn die Erfolge nicht so schnell zu erreichen sind, wie wir uns das wünschen“, so Dürr.

Betriebsvereinbarungen, gleicher Lohn für alle, bedingungsloses Grundeinkommen …

Müllmann, Visionen 1

Wichtige Hinweise gab Heinzi Dürr auch zu den verschiedenen Formen von Betriebsvereinbarungen. Sämtliche davon müssen den MitarbeiterInnen zugänglich gemacht werden (Aushang, eventuell mit Verweis aufs Intranet, soferne jedeR einen Zugang besitzt).

 

Ein Vetorecht des/der BR besteht unter anderem bei allen Kontrollmaßnahmen, die „die Menschenwürde der MitarbeiterInnen berühren könnten“. Gegen Ordnungsvorschriften (zB Dienstkleidung, Verhaltensnormen) muss das Arbeitsgericht als Schlichtungsstelle angerufen werden.
Freiwillige Betriebsvereinbarungen können jederzeit einseitig gekündigt werden – haben aber eine „Nachwirkung“, das heißt für alle, die zur Zeit der Aufkündigung bereits im Unternehmen tätig waren, sind sie weiterhin gültig.

Freie Betriebsvereinbarungen können vom BR zugunsten Dritter abgeschlossen werden, aber für die Betroffenen gelten sie jeweils nur dann, wenn er/sie der Regelung zustimmt. Diese Zustimmung kann mündlich, schriftlich – aber auch „konkludent“ erfolgen, also indem er/sie nicht darauf reagiert.
Spannend wird es, wenn solche freien Betriebsvereinbarungen dann vom Unternehmen einseitig gekündigt werden – hier ist der/die BR nicht mehr eingebunden, es muss jedeR Betroffene zustimmen … aber auch hier gilt ein Nicht-Reagieren innerhalb von 8 Tagen als „konkludente“ Zustimmung! Deshalb muss der/die BR alle KollegInnen RECHTZEITIG darauf aufmerksam machen.

Forderungen aus der Diskussion:

  • Gleiches Gehalt für alle! Jeder und jede gibt einen Teil seiner/ihrer Lebenszeit, mit welcher Begründung sollte diese nicht bei allen gleich viel wert sein?!
  • Einführung des Bedingungslosen Grundeinkommens, um das ständige „dem Geld nachlaufen müssen“ (auch in Jobs, die man eigentlich weder wichtig noch gut für die Menschen findet) zu beenden und damit die Menschen ihre Fähigkeiten dort einsetzen können, wofür sie sich jeweils berufen fühlen und für die Gesellschaft etwas tun wollen.

Fotos, Text: Christian Krall