Eine Frau als Betriebsrätin in einem technisch dominierten Unternehmen ist nach wie vor eine Seltenheit. Was Frauen gerade in diesem Umfeld bewirken können, zeigt einmal mehr ein Praxisbeispiel.
Sabine Traxler über die Betriebsrätin Linda Sepúlveda.
Text: Sabine Traxler
Linda Sepúlveda ist Vorsitzende Stellvertreterin des Betriebsrates CMT der Siemens AG in Wien und seit 2009 Arbeiterkammerrätin für die AUGE-UG.
Ihre Karriere als Betriebsrätin hat sie vor zwölf Jahren begonnen. Mittlerweile bekleidet sie zahlreiche Funktionen in der Gewerkschaft GPA-djp und engagiert sich zudem ehrenamtlich im Vorstand von Amnesty International (ai). Zur Betriebsratstätigkeit ist sie indirekt über ihr Engagement bei ai gekommen. „Ich war durch meine ai – Infostände sehr bekannt im Betrieb. Der damalige Fraktionsvorsitzende von BR-Alternative fragte mich, ob ich als Betriebsrätin kandidieren möchte und bot mir den zweiten Listenplatz an. Ihm war es wichtig, Frauen an vorderen Plätzen zu positionieren“, erklärt Sepúlveda.
Betriebsratstätigkeit kann sehr befriedigend sein
Trotz der vielen Arbeit, die die Betriebsratstätigkeit in einer kleinen Fraktion mit sich bringt, gestaltet sich das gewählte Ehrenamt als sehr erfüllend. Als Schüsselqualifikationen für die Tätigkeit sieht Linda Sepúlveda die offene Kommunikation und die Fähigkeit, sich in die Lage der ArbeitnehmerInnen versetzen zu können. Diese Qualifikationen haben sich besonders während der Arbeitskämpfe bewährt, die nach Einbruch der Wirtschaftskrise im Betrieb ausgefochten wurden. „Es mussten viele Leute gehen, aber wir haben das Ganze in die Länge gezogen. Viele Leute sind aufgrund unserer Kampfmaßnahmen heute noch da“, erklärt Sepúlveda stolz. „Wir sind ein sehr kämpferischer Betriebsrat. Die Straße ist eben dazu da, um sie zu benutzen“, erklärt die Betriebsrätin. Voraussetzung für solche Aktionen ist jedoch die Unterstützung der Belegschaft. „Man kann so etwas nur durchstehen, wenn man die Belegschaft hinter sich hat und die bringt man hinter sich, indem man sie ständig einbindet – der rote Faden ist die Kommunikation“, so Sepúlveda.
Es gibt die Möglichkeit etwas weiterzubringen
Im Zuge des Arbeitskampfes hat sich besonders das von Linda Sepúlveda im Lauf der Jahre aufgebaute Frauennetzwerk durch aktive Unterstützung als hilfreich erwiesen. Nach Beginn ihrer Tätigkeit übernahm sie die Gleichstellungsagenden und engagierte sich als einzige Frau im Betriebsrat besonders für Angebote für Frauen in der Belegschaft. Dazu gehörten Newsletter mit frauenrelevanten Informationen, Sensibilisierungsarbeit wie beispielsweise Aktionen rund um den Weltfrauentag und Broschüren. Frauen empfiehlt die Betriebsrätin die Initiative zu ergreifen, zu ihrem Betriebsrat zu gehen und ihr Interesse für diese Arbeit zu bekunden. „Vor allem in männerdominierten Betrieben fehlt es oft an Personen, die wissen was Frauen brauchen.“
Frauen fungieren als Integrationsfiguren
Dass es Vorteile bringt, wenn Frauen insbesondere in einem technischen Betrieb quer durch alle Bereiche vertreten sind, hat Linda Sepúlveda in den 23 Jahren bei Siemens beobachten können. „Frauen haben besondere Qualitäten. Sie halten die Leute zusammen, mobilisieren und organisieren“, erzählt sie aus ihrer jahrelangen Erfahrung. „Es gibt auch mehr Zusammenhalt in der Gruppe, wenn eine Frau dabei ist“, ergänzt Sepúlveda. Auch im eigenen Betrieb hat die Betriebsrätin bei Gehaltsvergleichen eine bestehende gläserne Decke feststellen müssen. „Unser Problem ist, dass es in den oberen Führungsebenen gar keine Frauen gibt und in den mittleren Ebenen ganz wenige“, so die Betriebsrätin. Genau diesen Umstand sprechen wir bei Gesprächen mit Führungskräften vermehrt an. „Diese brachliegenden Potentiale müssen erkannt und genutzt werden!“, bekräftig Sepúlveda abschließend.
Zur Person:
Die 1957 in den USA geborene Linda Sepúlveda ist technische Angestellte, stv. Betriebsratsvorsitzende CMT Siemens AG, seit 2009 AK-Rätin in Wien für die AUGE-UG, NGO-Aktivistin und engagierte Gewerkschafterin