… nur eben nicht um sich selbst! – sagt Christian Aichmayr im Gespräch über seine Burn-out-Erfahrung und seine heutige Auseinanderstzung mit dem Thema. (Das Gespräch wurde im August 2007 geführt.)
Kannst du in drei Schritten beschreiben, was passiert, wenn man in ein Burn-out schlittert.
Aichmayr:
Da war zuerst einmal die absolute Identifikation mit meinem Job, gepaart mit dem inneren Zwang, mich ständig beweisen zu müssen. Als Folge ist mein Privatleben mehr und mehr der Arbeit gewichen. Dann traten körperliche Warnsymptome auf. Am Ende war ich nur mehr ein vage angedeuteter Schatten meiner früheren Persönlichkeit – alles, was mich früher ausgemacht hat, hatte sich in Nichts aufgelöst, so als wäre eine Festplatte gelöscht worden.
Woran würdest du heute bei jemandem die Burn-out-Gefahr erkennen?
Aichmayr:
Wenn sich jemand mehr und mehr aus dem Privatleben zurückzieht, für seine Familie, Freunde, Bekannten nicht mehr greifbar ist, seine persönlichen Bedürfnisse negiert und nur mehr für seine Arbeit lebt.
Wann hättest du aus heutiger Sicht Hilfe suchen sollen?
Aichmayr:
Spätestens dann, als massive körperliche Beschwerden auftraten – absolute Atemprobleme, ich bekam „keine Luft mehr“. Symptome, die mich damals völlig verunsicherten und die ich weder ein- oder zuordnen konnte. Psychologische Hilfe habe ich gesucht, als ich nicht mehr schlafen konnte, doch waren die von mir konsultierten Therapeuten im Hinblick auf meine Problemstellung wohl überfordert.
Zuerst ein Leben, das nur aus Arbeit besteht – und dann der Tag, wo man es nicht mehr schafft. Wie hast du dieses Umschlagen erlebt?
Aichmayr:
Ich habe mich geschämt. Geschämt dafür, versagt zu haben und dafür, dass ich nicht mehr in der Lage war, die in mich gesetzten Erwartungen zu erfüllen.
Als du wieder an deinen Arbeitsplatz zurückgekehrt bist, wie war das für dich?
Aichmayr:
Sehr hilfreich war, dass ich vereinbaren konnte, die ersten beiden Monate meine Dienstzeit selbst nach meiner Tagesbefindlichkeit zu gestalten. Einerseits erlebte ich innerbetrieblich viel Verständnis, andererseits aber auch starke Verunsicherung.
Wen kann es treffen?
Aichmayr:
Das kommt ganz stark auf die Wertehaltung an, die in der Erziehung vermittelt wurde. Wobei ich davon ausgehe, dass Burn-out gefährdete Personen sich ganz schwer tun, Grenzen zu ziehen. Der Burn-out-Typ kümmert sich gerne um die ganze Welt, nur eben nicht um sich selbst.
Man sagt, dass es beim Burn-out um Wertekonflikte geht. Wie ist das zu verstehen?
Aichmayr:
Es geht darum, zu erkennen und auch zu akzeptieren, dass der Leistung bei weitem nicht der einzige Wert ist. Unser Leben sollte auf einer ausgeglichenen Basis stehen und dabei von mehreren Wertesäulen getragen werden. Gibt es nur eine einzige und bricht diese dann weg, steht man plötzlich vor dem Nichts.
Würdest du sagen, dass es heute ein echtes Verständnis für die Probleme gibt?
Aichmayr:
Inzwischen weiß man, dass Burn-out eine lebensbedrohliche Erkrankung sein kann. Vom tatsächlichen prophylaktischen Handeln sind wir aber insgesamt noch weit weg. Bestenfalls gibt es bei gravierenden Problemstellungen anlassbezogene Reaktionen in den Unternehmen.
Christian Aichmayr ist Leiter des Personalwesens einer Non-Profit Einrichtung im Sozialbereich, Sachwalter, eingetragener Mediator und Supervisor. Im Jahr 2001 hat er selbst eine intensive Burn-out Erfahrung gemacht. Seit 2005 hält er Vorträge und Workshops zum Thema „Burn Out“. Kontakt christian@aichmayr.com