„Soziale Arbeit nicht als Kostenfaktor, sondern als Mehrwert für alle sehen!“

Das forderten die Grüne Sozialsprecherin LABG Ulrike Schwarz und Betriebsratsvorsitzender Harald Obermaier (assista GmbH) in einer gemeinsamen Pressekonferenz am 28. April

Klares Bekenntnis zu Chancengerechtigkeit und qualitativer Sozialarbeit 

(Auszüge Pressetext) Wenn Tausende beeinträchtigte Menschen in Oberösterreich um ihre Basisversorgung zittern müssen, ist die Politik verpflichtet die notwendigen Rahmenbedingungen und die Finanzierung sicherzustellen. Es braucht ein Umdenken und neue Priorisierungen in der Budgetpolitik.

Die Lücke zwischen bedarfsorientierten Angeboten und der Finanzierung wird immer größer

Auch 2015 ist das Sozialbudget wieder um fast vier Prozent auf 506 Millionen Euro gestiegen. 2003 bis 2009 haben die Zuwachsraten durchschnittlich sogar mehr als sieben Prozent betragen. Trotzdem hat sich in den letzten Jahren ein strukturelles Defizit von 25 Mio. Euro aufgebaut. Ein Hauptteil kommt sicher daher, dass 2010 eröffnete Projekte teilweise immer noch per Nachtragsbudget finanziert werden und auch der steigende Hilfebedarf und der sich daraus ergebende höhere Betreuungsbedarf falsch eingeschätzt wurden.

Die geplanten Einsparungen gehen neuerlich zu Lasten der Sozialeinrichtungen und deren MitarbeiterInnen. Obwohl diese bereits in den letzten Jahren durch Mindervalorisierungen schon einen wesentlichen Teil der Kostendämpfung zu tragen hatten.

Seit Abschluss des Normkostenmodells wurden bereits 30 Millionen eingespart. Da die Betreuungsqualität nicht oder kaum gesunken ist, ging dies auf Kosten der Arbeitsqualität der MitarbeiterInnen: Kürzungen von Besprechungszeiten und Fortbildung; weniger Sozialleistungen; Gehaltseinbußen durch Kürzung von Zulagen, usw. In allen Tages- und Wohnstrukturen wurden zusätzliche KlientInnen aufgenommen,  zusätzliche Ressourcen blieben aber aus.

Diese neuerliche Bürde ist nicht akzeptabel und für die Sozialeinrichtungen nicht mehr tragbar. Sie waren durch die bisherigen Kostendämpfungen am Limit und haben dennoch immer mehr Aufgaben zu bewältigen“, kritisiert Schwarz.
Sie fordert neben mehr Budget, die Verwaltungsabläufe zu optimieren und Angebote auf ihre Treffsicherheit zu überprüfen.

Die Ängste und Sorgen der MitarbeiterInnen in dieser Situation liegen auf der Hand. Immer mehr Betreuungsleistungen kombiniert mit neuerlichen Sparmaßnahmen erhöhen weiter den Arbeitsdruck, führen langfristig zu Personalabbau und zu sinkender Betreuungsqualität.

Bedarf an Wohnen-, Arbeit- und Freizeitangeboten wird weiter steigen

Der Bedarf an Arbeit und Wohnen für beeinträchtigte Menschen wird immer größer, die entsprechenden Wartelisten immer länger. Derzeit beziehen rund 12.000 Menschen mit Beeinträchtigungen Leistungen des Landes OÖ. Hinzu kommen rund 8.000 Menschen mit Beeinträchtigungen, die noch gar keinen Zugang zum Betreuungssystem haben.

Es ist nachvollziehbar, dass sich viele Eltern und beeinträchtigte Menschen hier zu Recht alleine gelassen fühlen.

Oft müssen Mütter oder Väter ihren Job aufgeben, um ihre beeinträchtigten Kinder zu betreuen weil es keine Tagesstruktur oder einen Ausbildungs- oder Arbeitsplatz gibt. Das ist unverantwortlich und auch für den Wirtschaftsstandort nicht gut“, zeigt Schwarz die Folgen auf.

„Die Lage ist mehr als ernst. Viele Betroffenen sind ratlos, Eltern überfordert und viele MitarbeiterInnen in den Sozialeinrichtungen schwer frustriert. Sie leisten Enormes, unter schweren Bedingungen. Es ist eine in jeder Hinsicht aufreibende Arbeit für die betroffenen Menschen. Und doch müssen sie bei all ihrem Einsatz und Engagement immer wieder auf einen Sparkurs abbiegen. Das ist nicht mehr hinzunehmen. Statt sie zu verunsichern, müssen wir (…) die Finanzierung auf eine solide  und nachhaltige Basis stellen.“

Forderungen und Grüne Lösungsansätze:

Für die Grüne steht außer Frage: „Wir brauchen keine Beruhigungspillen, keine kurzfristigen Maßnahmen. Wir brauchen eine grundlegende Lösung, eine neue Herangehensweise, neue Strukturen, um eine bedarfsgerechte Betreuung im Sinne der UN-Konvention abzusichern“, betonen Schwarz und Obermaier.

Mehr alternative Angebote und Freiraum für die Sozialeinrichtungen
Die Grünen plädieren für neue Ansätze und alternative Angebote. „Wir brauchen etwa  deutlich mehr Angebot in der mobilen,  Kurzzeit- und Tagesbetreuung. Dies würde die angespannte Lage deutlich entschärfen und gleichzeitig auch die betreuenden Angehörigen entlasten.“

Die Trägervereine brauchen wieder mehr Möglichkeit zu ausgleichendem unternehmerischem Handeln. Das enge Korsett der Zuordnung finanzieller Mittel zu den einzelnen Leistungsbereichen bzw. den einzelnen Pauschalen des Normkostenmodells muss überdacht werden. Das bisherige System schöpft die Überschüsse eines Vereines in Einzelnbereichen zugunsten des Landes ab, während Mehraufwändungen des selben Vereins in anderen Bereichen nicht abgegolten werden – ein reines Malus-System, das den Betrieben wenig Raum für Eigeninitiativen und die Nutzung von Synergien lässt.

„Man sollte von diesem Rasterdenken abgehen und den Sozialeinrichtungen deutlich mehr Spielraum auch in betreuungsplanerischer Hinsicht lassen. Nicht jeder  Betroffene benötigt das Selbe Maß an Betreuung und damit die Selbe finanzielle Aufwendung. Hier sollte die Sozialeinrichtung individuell, je nach Betreuungsfall und –bedarf entscheiden. Ein derart variables System wäre effizienter und kostengerechter. Und letztendlich sind die Sozialvereine „die Experten vor Ort“, deren Rat auch die Politik hören sollte. So wurden z.B. Hinweise der Träger, bei der Wohnoffensive immer zwei benachbarte Wohngruppen zu schaffen und somit mittels gemeinsamen Nachtdienst Synergien zu nutzen, nicht ausreichend gehört“ fordert der erfahrene Betriebsrat Harald Obermaier.

Mehr Investitionen in Sozialeinrichtungen und Dienstleistungen bringt Wirtschaftswachstum UND soziale Absicherung
Investitionen in den Sozialbereich werden oft noch als unproduktiv und als reiner Kostenfaktor gesehen, weil dieser Bereich immer nur ausgabenseitig betrachtet wird.

Aber wie die IVS-Studie von Univ. Prof. Schneider aus dem Jahre 2012 deutlich aufzeigt, bringen 1 Mio. Euro Investitionen im Behindertenbereich 18 Arbeitsplätze, bei Bau und Tourismus aber nur 10 bis 11. Und die Arbeitsplätze im Sozialbereich sind nachhaltig. Diese „neuen“ ArbeitnehmerInnen werden außerdem konsumieren, Steuern zahlen und gerade mit ihrer regionalen Verankerung auch andere Arbeitsplätze absichern.
Als wichtiges „Nebenprodukt“ ermöglichen wir beeinträchtigten Menschen mit dieser Investition aber eine aktive Teilhabe in der Gesellschaft – ganz im Sinne der UN-Konvention und einer inklusiven, solidarischen Gesellschaft.

Gemeinsames Vorgehen in den Mittelpunkt

Aus Sicht der Grünen müssen die Lösungen nicht nur rasch sondern auch im Konsens gefunden werden:

„Es gehören alle an einen Tisch, um nicht weiter auseinanderdividiert zu werden. Wir brauchen einen Schulterschluss zwischen Politik, Sozialeinrichtungen, MitarbeiterInnen-Vertretung und den betroffen Menschen mit Beeinträchtigung und ihren Angehörigen. Nur gemeinsam kann eine nachhaltige qualitative und finanzielle Absicherung der sozialen Dienstleistungen erarbeitet werden. Wir brauchen eine Lösung, in die alle eingebunden sind, damit sie auch von allen akzeptiert und um umgesetzt wird.“