
Das aktuelle Regierungsprogramm ist aus unserer Sicht sozial unausgewogen, arbeitsrechtlich in Teilen problematisch und klima- und umweltpolitisch völlig unzureichend.
Sozialpolitik: Verschärfung der Armutsgefährdung
Die Einführung einer Wartefrist für volle Sozialleistungen während der Integrationsphase widerspricht einem solidarischen Sozialstaat, der allen Menschen – unabhängig von Herkunft oder Aufenthaltsstatus – ein menschenwürdiges Leben ermöglicht. Dies zementiert soziale Ungleichheit und verschärft insbesondere für Migrant:innen die Armut.
Problematisch ist zudem die geplante Kürzung von Sozialleistungen für bestimmte Gruppen sowie der verstärkte Druck auf Erwerbstätigkeit ohne ausreichende arbeitsrechtliche Absicherung. Die AUGE fordert stattdessen eine bedarfsgerechte Grundsicherung ohne diskriminierende Zugangshürden.
Die Einschränkung der Zuverdienstgrenzen bei Arbeitslosigkeit sowie die Kürzung der Kinderzuschläge für arbeitsfähige Sozialhilfeempfänger:innen führen zu weiteren Verschlechterungen.
Arbeitsmarktpolitik: Mehr Druck, weniger Rechte
Die geplanten Änderungen in der Arbeitsmarktpolitik, insbesondere das restriktive Integrationsprogramm mit Sanktionen und Leistungskürzungen, stehen im direkten Gegensatz zu den gewerkschaftlichen Forderungen der AUGE. Die Verpflichtung zu gemeinnütziger Arbeit unter Androhung von Sozialleistungsentzug führt zu prekären Arbeitsverhältnissen und setzt Betroffene unter enormen Druck.
Zudem bleibt der Niedriglohnsektor durch eine unzureichende Anhebung des Mindestlohns prekär. Die AUGE fordert eine deutliche Erhöhung des Mindestlohns und eine Arbeitszeitverkürzung. Dass weiterhin Anreize für ein höheres Beschäftigungsvolumen gesetzt werden, ignoriert völlig die Situation jener Menschen, die aufgrund von Betreuungspflichten oder aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage sind, mehr Stunden zu arbeiten.
Die geplante Staffelung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge ist nichts anderes als eine Bestrafung jener, die nicht mehr arbeiten können.
Die Abschaffung der Bildungskarenz ist ein weiterer Rückschritt – insbesondere im Anschluss an die Karenz, wo sie, wenn auch nicht immer ihrem eigentlichen Zweck entsprechend, oft mangels ausreichender Betreuungsangebote als Notlösung genutzt wurde.
Ein kleiner Fortschritt ist die geplante Stärkung der Fachkräfteausbildung, die langfristig den Druck auf den Arbeitsmarkt verringern könnte. Auch Verbesserungen im Lehrlingsbereich sowie in der Pflege sind enthalten.
Migrationspolitik: Hier diktiert die Angst
Im Regierungsprogramm werden Asyl, Migration, Gewalt und Terrorismus in scheinbare Zusammenhänge gebracht und dient der Angst verbreitenden Symbolpolitik. Viele der geforderten Maßnahmen sind entweder bereits Realität oder könnten heute schon umgesetzt werden. Andere wiederum sind verfassungs- oder unionsrechtlich gar nicht möglich. Integration sieht anders aus.
Die AUGE vertritt den Standpunkt, dass Österreich auf Abschiebungen in unsichere Herkunftsstaaten verzichten muss und insbesondere vulnerable Gruppen stärker schützen werden müssen.
Pensionspolitik: Kürzungen statt Sicherheit
Die geplanten Änderungen im Pensionssystem sind aus Sicht der AUGE besorgniserregend. Die Erhöhung des faktischen Pensionsantrittsalters und die Einschränkungen bei der Korridorpension bedeuten für viele Arbeitnehmer:innen längere Arbeitszeiten – ohne Rücksicht auf die Belastung in bestimmten Berufsgruppen.
Klimapolitik: Rückschritt statt Transformation
Die Maßnahmen im Bereich Klimaschutz bleiben weit hinter den notwendigen Anforderungen zurück. Während die AUGE eine radikale sozial-ökologische Transformation fordert, setzt das Regierungsprogramm auf wirtschaftsfreundliche Anreize anstatt auf konsequente Maßnahmen zum Ausbau erneuerbarer Energien, einer nachhaltigen Verkehrswende und einer gerechten Energiewende.
Demokratie & Arbeitnehmer:innenrechte: Fehlende Partizipation
Das Regierungsprogramm sieht keine wesentliche Stärkung der Mitbestimmungsrechte in Betrieben vor und ignoriert die Forderung der AUGE nach einer Demokratisierung der Wirtschaft. Zwar werden Sozialpartnerschaft und Betriebsräte mehrfach explizit erwähnt, doch ein Ausbau und Stärkung dieser Strukturen ist nicht erkennbar.
Frauen: Carearbeit bleibt „unsichtbar“
Zu begrüßen sind insbesondere Maßnahmen zur Gendermedizin und auch die vollständige Umsetzung der EU-Lohntransparenzrichtlinie.
Leider vermissen wir Aspekte die Carearbeit tatsächlich in die Leistungsbeurteilung der Gesellschaft einbeziehen, mehr als eine Erwähnung ohne diesbezügliche Anerkennung ist sich im Regierungsprogramm nicht ausgegangen.
LGBTQ+: Gleichstellung bleibt auf der Strecke
Das Regierungsprogramm ignoriert weitgehend die Bedürfnisse und Rechte von LGBTQ+-Personen. Während in anderen Bereichen Gleichstellung betont wird, fehlen konkrete Maßnahmen gegen Diskriminierung am Arbeitsplatz, im Gesundheitswesen und in anderen Lebensbereichen.
Positives: Fortschritte in Bildung und Sozialem
Trotz vieler problematischer Punkte gibt es einige positive Entwicklungen: Besonders hervorzuheben ist der geplante Ausbau der Elementarpädagogik mit einer besseren Ausbildung für Kindergartenpädagog:innen sowie einem langfristigen Plan für kleinere Gruppen.
Fazit: Viel Luft nach oben
Das Regierungsprogramm vernachlässigt in weiten Teilen soziale Gerechtigkeit, Arbeitnehmer:innenrechte und ökologische Verantwortung.
Die AUGE/UG OÖ fordert:
- Eine echte soziale Wende mit fairen Löhnen und einer deutlichen Erhöhung des Mindestlohns
- Arbeitszeitverkürzung zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben und als präventive Maßnahme für ein gesundes Arbeitsleben
- Ein flexibles, solidarisches Pensionssystem im Sinne aller Arbeitnehmer:innen
- Klimagerechtigkeit und Umweltschutz als verbindlichen Bestandteil der Wirtschafts- und Sozialpolitik
- Ein diskriminierungsfreies Sozialsystem, das allen Menschen ein Leben in Würde ermöglicht